Auslegung von Werkzeugen der Halbwarmumformung


Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, Chemnitz

1. Problemstellung

Sicherheitsbauteile werden auch zukünftig aus Stahlwerkstoffen durch Verfahren der Massivumformung hergestellt werden, da durch diese Technologien optimale Gebrauchseigenschaften der Bauteile erzielt werden können. Ziel der Verfahrensentwicklung ist es, noch komplizierter geformte Produkte aus höherfesten Stählen in Near-Net-Shape-Qualität bei höchster Produktivität zu fertigen. Die Halbwarmumformung von Stahl besitzt diesbezüglich das Potenzial zur Ausnutzung der technischen Vorteile von Warmumformung und Kaltumformung. Der wesentliche Vorteil der Warmumformung gegenüber der Kaltumformung besteht in den großen Formänderungsmöglichkeiten in Verbindung mit geringen mechanischen Werkzeugbelastungen.

Abbildung 1: Querfließpresswerkzeug

Demgegenüber können durch Kaltumformung bedeutend höhere Maß- und Formgenauigkeiten und Oberflächenqualitäten erzielt werden. Unter Halbwarmumformung versteht man ein Umformen im Temperaturbereich zwischen Raumtemperatur und Gefügeumwandlungstemperatur (Schmiedetemperatur bei Stahl). Die Gestaltung und Durchführung von Prozessen der Halbwarmumformung erfordert aber auch die Meisterung der Probleme, die sowohl aus der Umformung bei erhöhten Temperaturen als auch aus der extrem hohen mechanischen Belastung der Umformwerkzeuge resultieren. Das Querfließpressen (Abbildung 1), bei dem der Werkstoff seitlich aus der Anfangsform ausgepresst wird, stellt eine Möglichkeit dar, die durch Umformen erzeugbaren Geometrien gegenüber den klassischen Umformverfahren deutlich zu erweitern. In Bezug auf die verfahrensgerechte Gestaltung von Querfließpresswerkzeugen für die Halbwarmumformung sind in der allerdings schon aus dem Jahr 1977 datierenden VDI-Richtlinie über Grundlagen des Halbwarmfließpressens von Stahl keine Angaben enthalten (VDI 3166: Halbwarmfließpressen von Stahl, Grundlagen. 1977). Mit der Finite-Elemente-Methode steht ein Verfahren zur Nachrechnung eines ausgelegten Matrizenverbandes bei bekanntem Innendruck und der thermischen Randbedingungen zur Verfügung.

Abbildung 2: Berechnungsmodell

Die Kenntnis des am Werkstück wirkenden Temperatur-Zeit-Regimes ist für die Prozessführung in der Halbwarmumformung von besonderer Wichtigkeit, da das einzuhaltende Temperaturband für die Erreichung bestimmter, oftmals im Komplex vorliegender Zielgrößen (Maßgenauigkeit, Rauheit, Gefüge, Werkzeugverschleiß) sehr schmal ist. Demgegenüber werden die Daten über die thermischen Zustände am Umformwerkzeug für die Beschreibung der Wärmeaustauschvorgänge zwischen Werkstück und Werkzeug verwendet.

2. Modell

An einem einfachen Bolzen-Hülse-Modell wurden deshalb Versuche unternommen, die die bisherigen Kenntnisse zur Verteilung der Temperaturen und Spannungen vertiefen sollten. Dabei wurden die Temperaturen im Außenbereich durch Thermografie-Aufnahmen und im Inneren durch Sensoren gemessen. Diese Messdaten bildeten die Grundlage für die rechnerische Ermittlung der Spannungs- und Temperaturverteilung im Werkzeug (Bolzen) und Werkstück (Hülse). Dabei wurde der Bolzen mit einer bestimmten Anfangstemperatur und einer definierten Geschwindigkeit durch die Hülse (Abbildung 2) gepresst.

3. Ergebnisse

Dieses Problem kann mit den Standardprozeduren in einem kommerziellen Finite-Elemente-Programm nur sehr aufwändig gelöst werden, da sich das Finite-Elemente-Netz zu jedem Zeitpunkt unterscheidet (Bewegung des Bolzens). Durch ein eigenes Programm, das in der internen Programmiersprache I-DEAL des Berechnungsprogramms I-DEAS erstellt wurde und das auf der Basis unterschiedlicher, zeitabhängiger Temperaturkopplungen zwischen den Elementen von Bolzen und Hülse basiert, konnte dieser Prozess jedoch in einem Rechenschritt realisiert werden. Durch den Vergleich von Messungen und Berechnungsergebnissen konnten wichtige Erkenntnisse über den Temperaturfluss und die Spannungen in beiden Bauteilen (Abbildung 3) gewonnen werden.

Abbildung 3: Temperaturverteilung in der Hülse in einer Elementschicht nach 10 Sekunden (links) und 28 Sekunden (rechts, Einpressung mittig)