Simulation der umformenden Herstellung von Fügeverbindungen


Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, Chemnitz

1. Aufgabenstellung

Die umformende Herstellung von punktförmigen Fügestellen ist eine weit verbreitete Technologie zum Verbinden von Blechen. Sie steht im Wettbewerb zu thermischen Fügeverfahren und zum Kleben. Ihre Vorzüge sind kurze Prozesszeiten, gute Festigkeitseigenschaften bei dynamischer Belastung, keine thermische Beeinflussung der Werkstoffgefüge, es lassen sich sowohl gleichartige Werkstoffe als auch ungleichartige verbinden. Verbreitet ist die Anbindung von Funktionselementen an Blechteile durch umformendes Fügen. Mit der ständig zunehmenden Vielfalt von Fügeaufgaben, insbesondere im modernen Leichtbau, ist auch eine laufende Weiterentwicklung der Fügeverfahren erforderlich. Bei der Neu- und Weiterentwicklung von Verbindungsverfahren trägt die numerische Simulation wesentlich zu Effektivität und Treffsicherheit der Arbeiten bei. Die Schwerpunkte für den Einsatz der numerischen Simulation liegen bei: der Optimierung der Fügeverfahren der Optimierung der Geometrie und der Fertigung von Hilfsfügeteilen der Bewertung der Fügepunktbelastung und der Auslegung von Fügestellen in der Strukturberechnung

2. Modellbildung

Die Verformungsbedingungen beim umformenden Fügen sind in den Bereich der Massivumformung einzuordnen. Daher erfolgt die Modellbildung mit Volumenelementen mit elastisch/ plastischem Materialverhalten. Bei den Fügevorgängen werden örtlich sehr große Verformungen erreicht. Somit kommt der Ermittlung und Verifizierung der Fließkurve bis zu sehr großen Umformgraden zur Beschreibung des Verfestigungsverhaltens der Werkstoffe eine besondere Bedeutung zu. Analog zu den realen Werkstoffverformungen wir das FE-Netz stark deformiert. Um die Qualität der FE-Netze zu erhalten, erfolgt bei Bedarf ein automatisches Remeshing. Verschiedene Fügetechnologien weisen Schneidvorgänge auf. Hier sind Bruchkriterien zu definieren, die während der numerischen Simulation eine Werkstofftrennung realisieren.

3. Ergebnisse

Das Vollstanznieten (Bild 1) ist ein mechanisches Fügeverfahren zum Verbinden von zwei oder mehr Blechteilen. Die Bleche können verschiedene Dicke haben und aus unterschiedlichen Werkstoffen bestehen. Es zeichnet sich durch seine vergleichsweise hohe Verbindungsfestigkeit und der beidseitigen Bündigkeit der Fügepunkte aus. Die Bleche werden zwischen einem Prägering und einem Niederhalter geklemmt. Der Vollstanzniet schneidet sich durch die zu fügenden Bleche. Dabei wirken die Kanten an Nietfuß und Prägering als Schneidkanten. Nachdem sich der Niet durch die Bleche geschnitten hat wird der Nietkopf in das stempelseitige Blech eingeformt. In der letzten Phase drängt der Prägering Werkstoff des matrizenseitiges Blechs in die Schaftnut am Nietfuß. Damit ist eine formschlüssige Verbindung hergestellt.

Abbildung 1: Simulation des Vollstanznietens

Die numerische Simulation des Vollstanznietens gestattet: - die Analyse des Werkstofffluss zur prozesssicheren Ausbildung der formschlüssigen Verbindung - die Auswertung des Spannungs- und Verformungszustands zur Optimierung der Nietgeometrie - und die Bewertung der Werkzeuggeometrie und  belastung Die berechneten Spannungs- und Deformationszustände in der gesetzten Verbindung bilden den Ausgangspunkt für eine realistische Simulation der Belastung der Fügestellen. Bild 2 zeigt den Vergleichsspannungszustand einer Vollstanznietverbindung bei Scherzugbelastung. Ziele dieser Untersuchungen sind: - die Ableitung von Angaben zur Verbindungsfestigkeit - die Analyse der Wirkung von Schnittkräften am Fügepunkt - und die Entwicklung von Fügepunktersatzmodellen

Abbildung 2: Belastung einer Vollstanznietverbindung im Scherzugversuch

Aus der Analyse der Belastungssimulation an Einzelfügepunkten werden abstrakte Ersatzmodelle für die Darstellung der Fügepunkte in komplexen Strukturberechnungen entwickelt. In diese Ersatzmodelle, die aus einer minimalen Anzahl von Finiten Elementen bestehen, werden die Eigenschaften der Fügepunkte komprimiert. Damit wird es möglich Strukturen mit großen Anzahlen von Fügestellen effektiv und realistisch zu berechnen. Örtliche Deformations- und Spannungszustände im Bereich der Fügestellen sowie die Belastung der Fügestellen selbst werden exakter berechnet.

Abbildung 3: Berechnung der Spannungsverteilung an gefügten Baugruppen

4. Zusammenfassung

Die numerische Simulation erlaubt die Analyse fast aller umformenden Fügeverfahren. Somit ist es prinzipiell möglich bei Bedarf den gesamten Lebensprozess einer Blechbaugruppe von der Bauteilauslegung über die Einzelteilfertigung, das umformende Fügen, die Betriebsbelastung bis zum Bauteilcrash numerisch zu simulieren.