Auf der rechten Seite wird über einen Hydraulikzylinder die Kraft eingeleitet.
Die Greiferbacken sind radial gelagert und schließen im linken Bereich. Durch die eingebaute
Feder wird die Aufweitung der Backen nach dem Greifvorgang realisiert (Abb. 1).
Zur Erhöhung der maximalen Beschleunigung bei der Bewegung des Greifers – und damit zu
Verkürzung der Positionierzeiten, ist ein möglichst geringes Bauteilgewicht von Vorteil. Die
erforderliche Anpressdruck der Greiferbacken ist über die Anforderungsliste vorgegeben. Die
notwendige Steifigkeit sowie das Material des Greifers sind ebenfalls festgelegt (Abb. 2).
Um eine Topologieoptimierung durchführen zu können muß der maximal zur Verfügung
stehende Bauraum definiert sein. Neben dem FE-Analysemodell mit der Vernetzung und den
Randbedingungen sind zusätzlich die Randbedingungen für die Optimierung selbst zu
spezifizieren.
In diesem Beispiel ist der maximal zulässige Bauraum sehr einfach. Er wird mit Hilfe eines
einfachen CAD-Modells spezifiziert. Das CAD-Modell des Bauraumes für den Robotergreifer ist
in Abb. 3 zu sehen. Bei komplexeren Bauräumen ist die Übergabe der Daten aus einem
DMU-System möglich.
Die Geometrie wird als IGES –Modell in einen FEM-Preprozessor importiert. Je nach
verwendetem CAD-System und FEM-Preprozessor ist ein Austausch über IGES, VDAFS,
STEP, ACIS, Parasolid oder über eine eventuell vorhandene Direktschnittstelle möglich. Nach
dem Geometrieimport wird der zulässige Bauraum diskretisiert. Üblicherweise verwendet man
den im Preprozessor integrierten Vernetzer. Im vorliegenden Beispiel wurde aufgrund von
Zeitgründen ein schnell zu erzeugendes Tetraeder-Netz generiert. Die Anzahl der notwendigen
Elemente ist gegenüber einem aufwendigeren Bricknetz etwas größer, wodurch die
anschließende Rechenzeit für die Berechnung und Optimierung größer wird. In der
Summe ist diese Vorgehensweise bei diesem Beispiel jedoch die wirtschaftlichere
und schnellere. Neben der Vernetzung sind des Weiteren die FEM-Randbedingungen zu
definieren:
(1) 2-fache Lagerung der Querbohrung (spielfreier Bolzen)
(2) Druck auf Funktionsflächen (Greiferbacken)
(3) Starres Gegenlager (um Kräftegleichgewicht zu garantieren)
(4) Materialeigenschaften (E-Modul, Querkontraktionszahl, Materialdichte)
(5) Die Federkräfte sind im Belastungszustand vernachlässigbar klein und werden nicht
modelliert.
Ziel der Optimierung ist die Minimierung des Gewichtes. Für die Optimierung müssen, neben
dem maximal zulässigen Bauraum, noch weitere Randbedingungen definiert werden:
(1) Vorgabe einer erforderlichen Mindeststeifigkeit,
(2) Vorgabe von Funktionsflächen, die während der Optimierung nicht verändert werden
dürfen (diese FROZEN-Gebiete sind in Abb. 4 rot dargestellt).
In der Regel ist es bei einer Topologieoptimierung nicht möglich, alle erforderlichen
Randbedingung, die aus der Fertigung kommen, zu berücksichtigen (z.B. Gußschrägen, .. ).
Oft ist es sinnvoll, sich nur auf die Wesentlichsten zu beschränken und dem System somit
eine maximale Variationsbreite zu ermöglichen. Auf diese Weise hat man eine sehr gute
Referenzlösung. Wenn man bei der anschließenden Nachbereitung weitere Randbedingungen
berücksichtigt, kann man am Ende abschätzen, welches Potential durch eventuell
modifizierbare Fertigungsbedingungen noch auszunutzen wäre.
Nachdem die eigentliche Topologieoptimierung relativ rechenzeitaufwendig ist, ist es ratsam,
vorab eine FE-Analyse durchzuführen. Auf diese Weise kann man die Randbedingungen und die
definierten Lastfälle nochmals kontrollieren. Außerdem kann man mit den verbrauchten
Ressourcen und dem CPU-Zeitbedarf eine Abschätzung für die Zeitdauer der eigentliche
Toplogieoptimierung vornehmen.
Die Topologieoptimierung selbst bedeutet für den Anwender nur das Starten eines Batchjobs.
Je nach vorhandener Rechenleistung und verwendetem FE-Solver ergibt sich eine Wartezeit
von ein paar Minuten bis zu vielen Stunden. Die notwendige Wartezeit ergibt sich aus der
Anzahl der Elemente und Knoten des FE-Modells sowie der Anzahl von Zyklen, die für die
Optimierung durchlaufen werden müssen.
Aufbauend auf der Methode der Finiten Elemente wird bei der Topologieoptimierung eine
Modifikation des Bauteiles durchgeführt. Die Analyseergebnisse eines herkömmlichen
FEM-Solvers werden über geeignete Schnittstellen dem Optimierer zur Verfügung gestellt.
Dieser wertet die Ergebnisse aus und führt eine Modifikation des Bauteiles durch. Dieses
modifizierte Bauteil wird einer erneuten FEM-Analyse unterzogen und durch ein mehrmaliges
Durchlaufen dieser Optimierungsschleife wird die optimale Bauteilgestalt ermittelt (Abb. 5).
Die Materialumverteilung wird über eine elementweise Modifikation der Steifigkeiten simuliert.
Hierbei wird auf eine entsprechende Dichte-Steifigkeitsbeziehung von porösen Materialien
zurückgegriffen.
Der Optimierer durchläuft ca. 20-30 Zyklen. Zuerst wird an Orten Material entfernt, die mit großer
Sicherheit nicht benötigt werden. Prinzipiell ist es möglich, daß Material, das einmal eliminiert
wurde, in einem nachfolgenden Zyklus wieder aktiviert wird. Dies ist insbesondere bei
Problemen mit mehrere Lastfällen relevant. Im dargestellten Beispiel des Robotergreifers
ist dieser Effekt nicht zu beobachten, weil nur ein Lastfall auf die Struktur wirkt (Abb. 6).
Das Ergebnis der Topologieoptimierung ist eine Struktur mit einer kantigen Oberfläche. Diese Struktur ergibt sich dadurch, daß alle 'überflüssigen' Elemente der Ausgangsstruktur nicht mehr sichtbar sind. Aus der 'Reststruktur' läßt sich der Kraftfluß ablesen. Dieser Designentwurf besitzt ein minimales Gewicht unter Einhaltung der vorgegebenen Randbedingungen (vorgegebene Mindeststeifigkeit) und dient als Ausgangspunkt für die Weiterverarbeitung.
Eine nachgeschaltete ergebnisorientierte und/oder geometrieorientierte Glättung der Ergebnisse
der Topologieoptimierung erlaubt die bessere Beurteilung der Bauteilgestalt (Abb. 8). Hierzu
existieren verschiedene Verfahren.
Aufbauend auf der geglätteten Struktur können über spezielle Schnittstellen weitere Dateiformate
generiert werden:
(1) VRML: Die Generierung einer VRML Datei erlaubt die einfache und schnelle
Diskussion des Entwurfes über Abteilungs- und Firmengrenzen hinaus. Für die Darstellung dieses
Formates existiert eine Vielzahl von frei verfügbaren Viewern (z.B. CosmoPlayer in Netscape oder
MS-Explorer).
(2) FEM-Schalenmodell: Die Generierung eines FEM-Schalenmodells der Oberfläche
erlaubt die schnelle Weiterverarbeitung in einem nachgeschalteten Prozeß. Ausgehend vom
Oberflächennetz ist eine Volumenvernetzung möglich. Auf diese Weise kann eine weitere
FE-Anaylse und genaueren Verifizierung der Ergebnisse gestartet werden. Außerdem ist dieses
Modell als Ausgangsbasis für eine sich anschließende Gestaltoptimierung zur weiteren
Minimierung der Beanspruchung sowie zu einer Maximierung der Lebensdauer geeeignet.
(3) STL (Stereolithography): Das STL-Format bietet neben der Möglichkeit der
Visualisierung noch die Möglichkeit des Rapid-Prototyping. So kann der Bauteilentwurf schnell in
einen realen Prototypen umgesetzt werden (Abb. 9).
Der Designentwurf, der mittels Topologieoptimierung ermittelt wurde, kann nun in ein
CAD-System zurückgeführt werden (Abb. 10). Unter Berücksichtigung konstruktiver Aspekte wird
eine Neukonstruktion durchgeführt, wobei der Designentwurf als Konstruktionsvorlage dient.
Gegenüber den VRML, STL oder FE-Oberflächenmodellen, die teilweise aus vielen tausend
Dreiecksflächen bestehen, ist eine Datenreduktion sinnvoll.
Im nachfolgenden Flow-Chart ist der gesamte Entwicklungsprozeß zugefaßt (Abb. 11).
Aufwand: Der Gesamtaufwand ist überschaubar. Die Erstellung des CAD-Modells,
die Vernetzung, die Definition des Optimierungsproblems sowie die Glättung am Ende der
Topologieoptimierung sind relativ zügig durchzuführen. Die eigentliche Topologieoptimierung
erfordert keine Benutzerinteraktion, auf die Ergebnisse muß man jedoch einige Zeit warten
(in diesem Beispiel ca. 10 Std auf einem PC Pentium III, 256 MB RAM). Der größte
Zeitaufwand liegt in der Abstraktion des realen Problems (wie muss ich mein FE-Modell
aufbauen, welches sind meine Lasten, meine Randbedingungen und meine
Materialeigenschaften) sowie in der Aufbereitung und Überführung der Ergebnisse im ein
CAD-System. Das gesamte Projekt kann, mit Erfahrung, in 1 bis 3 Tage bearbeitet werden.
Anschließend liegt ein Robotergreifer vor, der bei vorgegebener Steifigkeit und ausreichender
Festigkeit ein minimales Gewicht aufweist.
Vergleich zum konventionellen Prozess: Stellt man die beschriebene
Vorgehensweise der konventionellen Prozeßkette gegenüber, dann wird die Beschleunigung
und Zeitersparnis sowie die Qualität der Lösung deutlich.
(1) Konstruktion eines Robotergreifers in einem CAD-System.
(2) Überführung des CAD-Modells in ein FE-Modell, Berechnung und Auswertung.
(3) Erste Modifikation des CAD-Modells aufgrund von Diskussionen und Ideen der
Analysespezialisten und Konstrukteure.
(4) Nochmalige Überführung des CAD-Modells in ein FE-Modell, Berechnung und erneute
Verifikation.
(5) ... gegebenenfalls werden die Schritte 3. und 4. mehrmals wiederholt, so lange bis ein
zufriedenstellendes Ergebnis erzielt wurde.
Fazit: Dem Konstrukteur steht mit dem Einsatz der Topologieoptimierung ein
effizientes Werkzeug zur Seite, das eine Verkürzung des Konstruktionsprozesses erlaubt.
Der Anwender hat einen hohen Nutzen bei einem äußert günstigen Verhältnis zwischen
Aufwand und Nutzen.