Versagensmodelle für die Crashsimulation einer Magnesium-Automobil-Innentür


Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM, Freiburg

1. Problemstellung

Bei den meisten Crashsimulationen beziehen sich die Aussagen lediglich auf die Verformungsfähigkeit von Werkstoffen und Bauteilen. Das Materialversagen wird in der Regel nicht berücksichtigt aufgrund von mangelnder Werkstoffcharakterisierung und vor allem wegen fehlenden oder nicht verifizierten Versagensmodellen. Dies führt dazu, dass die Tragfähigkeiten von Komponenten insbesondere von neuen Gusslegierungen deutlich überschätzt und kritische Stellen nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit bewertet werden.

2. Projektziel

Das Projektziel ist die Bestimmung der Fließeigenschaften und Schädigungsparameter des Magnesium-Gusswerkstoffs AM50 für eine VW Polo Innentür (Abbildung 1) und die Verifizierung von zwei Versagenskonzepten, das mikromechanische Schädigungsmodell nach Gurson und das Grenzformänderungsschaubild, für die Crashsimulation durch Nachrechnung von Bauteilversuchen.

Abbildung 1: VW Polo Magnesium Innentür; Ausschnitte aus dem Fensterschacht- und Schwellerbereich für Bauteilversuche

3. Werkstoffcharakterisierung

Zur Erfassung des Einflusses der Spannungsmehrachsigkeit auf das Bruchverhalten wurden Zugversuche an Flachkerbzugproben mit drei Kerbradien und Tiefungsversuche mit drei Stempelradien durchgeführt (Abbildung 2). Aus den Versuchsergebnissen wurden das Grenzformänderungsschaubild (Abbildung 3) und der Parametersatz des Gurson-Modells bestimmt.

Abbildung 2: Flachzug- und Tiefungsproben nach Versuchsdurchführung

Abbildung 3: Grenzformänderungsschaubild der Magnesiumgusslegierung AM 50

4. Bestimmung und Verifizierung der Gurson-Parameter

Die Schädigungsparameter des Gurson-Modells wurden durch die Anpassung an die Kraft-Verschiebungskurve eines Kerbzugversuchs (Kerbradius von 4 mm) ermittelt und für die Simulation aller anderen Versuche verwendet. Die dadurch erzielten numerischen Aussagen über das Verformungs- und Bruchverhalten der unterschiedlichen Zug- und Tiefungsproben (Abbildung 4) stimmen mit dem Experiment gut überein.

Abbildung 4: 1/4-Modell der simulierten Tiefungsproben mit Konturplot der Schädigung (r: Stempelradius in mm)

5. Simulation der Komponentenversuche

Zur Verifizierung der Anwendbarkeit beider Schädigungskonzepte wurden ein Dreipunktbiegeversuch am Ausschnitt des Türschachts und ein Druckversuch am Schwellerteilstück mit den vorher bestimmten Versagensparametern simuliert.

Abbildung 5: FE Modell für den statischen Dreipunktbiegeversuch

Ein Vergleich der experimentellen Ergebnisse mit den numerischen Analysen zeigt, dass beide Schädigungskonzepte das globale Deformationsverhalten gut vorhersagen. Allerdings wird das beobachtete Schädigungsverhalten nur vom Gurson-Modell richtig wiedergegeben (Abbildung 5).

Abbildung 6: links: numerische Simulation mit Hilfe des mikromechanischen Gurson-Modells, rechts: Fensterschachtbereich nach dem quasistatischen Dreipunktbiegeversuch

6. Ergebnis

Das Verformungs- und Bruchverhalten des Magnesium-Gusswerkstoffs AM 50 wird stark von der Spannungsmehrachsigkeit beeinflusst. Zur Erfassung dieses Einflusses wurden das empirische Konzept mit dem Grenzformänderungsschaubild und das mikromechanische Schädigungsmodell nach Gurson verwendet. Der Vergleich dieser Modelle ergab, dass die Schädigungsparameter für das Gurson Modell mit geringerem Aufwand ermittelt werden können, und dass mit diesem Schädigungsmodell zuverlässigere Aussagen bzgl. dem Versagen gemacht werden können.