BETEK und Ingenieurbüro Dr. Meyer
Für den Heimwerker sind sie ebenso unersetzlich wie für die Möbelindustrie: Schrauber-Einsätze
für Kreuzschlitzschrauben (Abb. 1), wie z.B. die bekannte SPAX® oder SPAX-S® des großen
deutschen Schraubenherstellers Altenloh, Brinck & Co., Ennepetal.
Die bisher am Markt verfügbaren Schrauber-Einsätze oder Bits sind aus Vergütungsstahl
gespant und preisgünstig zu erhalten; ihre Standzeiten sind jedoch relativ kurz. Ein unsauberes
Ansetzen des Werkzeugs auf der Schraube kann den Schrauber-Einsatz verformen. Wenn die
Geometrie der Schrauberflügel dann nicht mehr einwandfrei ist, kann es zu einem Runddrehen
des Schraubenkopfes kommen. Das anschließende Ausbohren der Schraube geht meist nicht
ohne Beschädigung des zu verschraubenden Werkstücks vor sich. Was für den Heimwerker in
erster Linie ärgerlich ist, manifestiert sich für die Industrie durch die Stillstandzeiten eines
Schraub-Automaten als wesentlicher Kostenfaktor.
Im Gegensatz zu Bits aus Vergütungsstahl erfolgt die Herstellung von Schrauberbits aus
Hartmetall durch Matrizenpressen einer granulierten Hartmetall-Pulvermischung und
anschliessendem Sintern. Nach dem Sintern müssen die Teile formgenau und rissfrei sein. Dies ist
nur möglich, wenn sie nach dem Pressen eine möglichst homogene Dichteverteilung besitzen.
Die geometrisch komplexe Form eines Schrauber-Einsatzes erfordert dabei eine sorgfältige Optimierung von Pulverfüllräumen und Presswegen. Diese Optimierung erfolgt gewöhnlich durch sukzessive Variation der Einstellgrössen der verwendeten Presse durch erfahrenes Personal bis Rissfreiheit und Masshaltigkeit gewährleistet sind. Die gepressten Teile werden nach jedem Iterationsschritt gesintert, und der Sinterverzug wird gemessen. Schliffbilder sind notwendig, um die Teile auf Rissfreiheit zu prüfen. Die Ergebnisse führen dann zu neuen Einstellungen an der Presse. Der Aufwand für die Presseneinstellung ist dadurch im Einzelfall recht hoch.
Ein vom Ingenieurbüro Dr.-Ing. Dietrich Meyer, Freiburg, durchgeführtes Verfahren ermöglicht die Werkzeugoptimierung durch den Einsatz der Finite-Elemente-Methode (FEM). Dabei werden die Press- und Sintervorgänge im Computer simuliert und liefern als Ergebnisse die dreidimensionale Dichteverteilung im gepressten Teil, dem sog. Grünkörper, sowie die daraus resultierende Verformung des Bauteils nach dem Sintern. Die Optimierung von Pulver-Füllräumen und Presswegen erfolgt ausschliesslich auf dem Computer, so dass keine Produktionspressen belegt werden müssen. Der Weg von der Produktzeichnung zum fertigen Produkt wird kürzer. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit des Herstellers gestärkt.
Fehlerfreies und masshaltiges Produkt,
Vergleich der Entwicklungszeit vom Werkzeug zum Teil,
Kostenvergleich.
Die Ausgangsbasis der Optimierungsarbeiten ist das bereits gefertigte Presswerkzeug. Die
Geometrie des Werkzeugs liegt damit fest, und für die Optimierung dürfen lediglich Füllvolumina
und Presswege variiert werden. Es wird also eine Verfahrensoptimierung durchgeführt.
Das Werkzeug für den Schrauber-Einsatz besteht aus Unterstempel, Oberstempel und Matrize (Abb. 2). In den Hartmetalleinsatz der Matrize wurde durch Senk-Erosion und anschliessende Oberflächenbearbeitung die Form des Schrauber-Einsatzes eingebracht. Die Formtiefe wurde dabei so gewählt, dass noch genügend Spielraum für eine Bearbeitung vorhanden war. Der Oberstempel weist die Fase am Schaftende auf. Der besonders filigrane kreuzförmige Unterstempel formt den Spitzenbereich des Bits und schliesst die Matrize nach unten ab.
Für die Versuche wurden drei verschiedene WC/Co-Hartmetallqualitäten eingesetzt. Einige Eigenschaften der Werkstoffe sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Hartmetall-qualität |
Typ |
Co-Gehalt |
Korngröße in m |
Härte |
Biegebruchfestigkeit |
B-30 |
Normalkorn |
11 |
6 |
1150 |
2800 |
B-40 |
Normalkorn |
15 |
6 |
1050 |
2800 |
B-10-F |
Feinkorn |
6 |
4 |
1475 |
2900 |
K-30 |
Feinkorn |
11 |
Zunächst wurden Vorversuche mit dem Pulver mit der Bezeichnung B-30 durchgeführt. Es gelang
dabei nicht, das Pulver so zu verdichten, dass ein Grünling unzerstört entformt werden konnte. Die
dünnwandigen Strukturen in der Spitze waren so stark unterverdichtet, dass sie die Ausformkräfte
nicht übertragen konnten und der Unterstempel durch das Pulver hindurchstiess. Bei höheren
Presskräften konnte ein Bruch des filigranen Unterstempels nicht vermieden werden.
Eine zweite Versuchsreihe führte zu intakten Grünkörpern, die allerdings überwiegend Risse im
Bereich des Flügelgrunds aufwiesen. Masshaltigkeit konnte noch nicht erreicht werden
(Tabelle 2). Das Gefüge des Hartmetalls zeigte eine gleichmässige Kobaltverteilung und
Korngrösse. Die gemessene Härte betrug zwischen 1097 und 1115 HV10.
Es ist zu erkennen, dass durch die Einstellwerte der Presse, d.h. die Wahl von Pressweg und
Oberpressung eine Variation der Pressdichte über die Schaftlänge erreicht wird. Diese führt zu
unterschiedlicher Schrumpfung im unteren Bereich (Dm unten) und oberen Bereich (Dm oben)
des Schafts. Bei korrekter Teilelänge von 19 mm lagen die Durchmesserwerte etwas ober- und
unterhalb des Sollwertes von 6 mm (Versuch 12). Rissfreiheit konnte in Versuch 13
erreicht werden.
Versuch |
Masse |
Preßkraft |
Preßweg |
Oberpressung |
Abmessungen nach dem Sintern in mm |
||
Schlüsselweite Schaft |
Gesamtlänge |
||||||
Nr. |
g |
(to) |
mm |
mm |
unten |
oben |
|
1 |
7,0 |
1,0 |
18,0 |
1,0 |
6,34 |
6,26 |
19,30 |
2 |
7,0 |
1,0 |
18,0 |
1,0 |
6,31 |
6,23 |
19,30 |
3 |
7,0 |
1,0 |
18,0 |
1,0 |
6,30 |
6,24 |
19,18 |
4 |
7,0 |
1,0 |
18,0 |
2,0 |
6,32 |
6,11 |
19,15 |
5 |
7,0 |
1,0 |
18,0 |
2,0 |
nicht gesintert |
||
6 |
7,0 |
1,0 |
18,0 |
3,0 |
6,37 |
6,07 |
19,16 |
7 |
7,0 |
1,0 |
18,0 |
3,0 |
nicht gesintert |
||
8 |
7,0 |
1,0 |
18,0 |
4,0 |
6,36 |
5,98 |
19,01 |
9 |
7,0 |
0,8 |
18,0 |
0,0 |
6,26 |
6,27 |
19,42 |
10 |
7,0 |
0,8 |
18,0 |
0,0 |
6,27 |
6,28 |
19,35 |
11 |
7,0 |
0,8 |
18,0 |
0,0 |
6,25 |
6,27 |
19,33 |
12 |
6,7 |
0,8 |
12,9 |
4,5 |
5,73 |
5,43 |
21,63 |
13 |
6,7 |
1,0 |
12,9 |
4,5 |
6,27 |
5,86 |
19,00 |
14 |
6,7 |
1,0 |
12,9 |
4,5 |
nicht gesintert |
Die Dichteverteilung wird bei einer Reihe von Oberpressungen berechnet. Die gerechnete Oberpressung muss sich an den Möglichkeiten der Presse orientieren und kann daher nur im Bereich von 0-6 mm eingestellt werden. Das beste Ergebnis für die Dichteverteilung wird bei einer Oberpressung von 3mm erreicht (Abb. 3). Hier sind noch sehr starke Dichtegradienten im Bereich der Querschnittsverengung in der Mitte des Bauteils zu beobachten. Um diese Dichteüberhöhungen zu minimieren, wird in einem zweiten Iterationsschritt die Füllgeometrie leicht verändert. Die Vergleichsrechnung mit der neuen Geometrie und 3 mm Oberpressung zeigt, dass die starke Unterverdichtung in der Mitte des Teils deutlich abgebaut werden kann. Trotzdem weist die Dichteverteilung noch eine starke Überverdichtung im unteren Teil des Bits auf. Bei der maximal möglichen Oberpressung von 6 mm zeigt sich genau das gegenteilige Bild. Die höhere Dichte liegt nun im oberen Bereich des Presslings. Durch das Umklappen des Dichtegradienten wird deutlich, dass das Optimum für die Dichteverteilung zwischen 3 mm und 6 mm Oberpressung liegen muss. Eine weitere Rechnung mit 4,5 mm Oberpressung (Abb. 4) zeigt dann auch eine Dichteverteilung mit akzeptablen Werten. Mit dem ermittelten Füllraum und der Oberpressung von 4,5 mm wurden anschliessend Teile unter Produktionsbedingungen hergestellt (Versuch 13 in Tabelle 2). Neben der korrekten Abmessung zeigten die Schrauberbits keinerlei Schädigung durch Risse. Die Optimierung am Computer konnte damit erfolgreich abgeschlossen werden.
Abb. 5 stellt die Kosten der konventionellen Werkzeugoptimierung denen der Optimierung durch
Einsatz der Computertechnik gegenüber. Die konventionelle Optimierung musste an einer
Produktionspresse durchgeführt werden, und so liegen die Kosten durch den entstandenen
Produktionsausfall mit 86% der Gesamtkosten sehr hoch; gefolgt von den Personalkosten von
9%. Der Aufwand durch zusätzliche Werkzeugkosten (Stempelbruch) und Maschinenkosten liegt
zusammen bei ca. 5%.
Die Kosten der Werkzeugoptimierung durch Computersimulation betragen nur 1/5 der
konventionellen Kosten. Bei konsequentem Einsatz von FEM kompatiblen 3D-CAD Systemen
liesse sich dieser Betrag noch weiter senken.
Die Werkzeugoptimierung durch Computersimulation hat in diesem Projekt deutlich ihre
Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Neben den verlässlichen Voraussagen über die
Dichteverteilung und den damit verbundenen Möglichkeiten, eine gezielte Optimierung
durchführen zu können, bietet die Methode insbesondere dann einen erheblichen Kostenvorteil,
wenn für die konventionelle Optimierung eine Produktionspresse eingesetzt werden muss. In
diesem Beitrag unerwähnt blieb der Zeitvorteil, der durch eine computergestütze Optimierung
erreicht werden kann. Neben diesen wirtschaftlichen Vorteilen bietet die Methode eine sehr gute
Möglichkeit die Abläufe beim Matrizenpressen besser zu verstehen und diese Erfahrungen
zukünftig in die Entwicklung neuer Presswerkzeuge einfliessen zu lassen.
Weitere Informationen gibt es bei
BETEK
und Ingenieurbüro Dr. Meyer