Rechnerische Dimensionierung eines gummigefederten Schienenfahrzeugrades


Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, Darmstadt

1. Problemstellung

Zur Reduzierung der Fahrgeräusche und zur Verbesserung der Fahrdynamik und des Fahrkomforts werden gummigefederte Speichenräder für Schienenfahrzeuge entwickelt. Um den Aufwand an experimentellen Untersuchungen zu reduzieren, werden vor der ersten Realisierung eines Prototypen umfangreiche rechnerische Untersuchungen zur Dimensionierung eines solchen Rades durchgeführt.

2. Lastannahmen und Bemessungskollektive

Aufgrund von Erfahrungen aus Messungen an Standardschienenrädern werden die Bemessungskollektive getrennt nach Fahrzuständen als Teilkollektive für - Geradeausfahrt, - Bogenfahrt, - Weichenüberfahrt und - Bremsen abgeleitet. Die Häufigkeiten der Teilkollektive lassen sich aus der geforderten Bemessungslebensdauer und dem Streckenprofil bestimmen. Aus der vorliegenden statischen Radlast ergeben sich die maximal auftretenden Lasten der verschiedenen Fahrzustände.

3. Finite-Element Berechnungen

Auf der Basis von CAD-Daten wird ein Finite-Elemente (FE) Modell des gesamten gummigefederten Speichenrades erstellt. Über geeignete Abhängigkeiten von Verschiebungsfreiheitsgraden (MPC’s) wird gewährleistet, daß sich der Radreifen auf den Stegen des Sterns verschieben kann. Weiterhin wird ein Gleiten der Gummielemente an den Stegen in radialer Richtung ermöglicht. In der Nabenbohrung ist das Rad fest eingespannt.

Für die Gummiteile wird das Mooney-Rivlin Materialmodell mit den Parametern C1 und C2 verwendet. Es handelt sich um eine nichtlineare Berechnung.

Um die Beanspruchungen der Teilkollektiv-Eckpunkte für jeden Ort zu bestimmen, werden insgesamt 9 Lastfälle berechnet. Die Kräfte werden über parabolisch verteilte Flächenlasten, die die Kontaktverhältnisse zwischen Rad und Schiene annähern, in das Rad eingeleitet. Um die Spannungsverläufe über einer Radumdrehung ableiten zu können, werden die Beanspruchungen eines Lastfalls jeweils für 7 Belastungsrichtungen in 5,7 Schritten berechnet.

Abbildung 1: Verformungen und Beanspruchungen beim Lastfall Kurvenfahrt während der Radumdrehung

Für ausgewählte Knoten werden auf der Basis der berechneten Beanspruchungen und der Bemessungskollektive Schädigungsrechnungen durchgeführt. Die Schädigungen werden für jedes Teilkollektiv getrennt über eine modifizierte Miner Rechnung (k‘ = 2k-1) ermittelt. Die Beanspruchungen an den Teilkollektiv-Eckpunkten werden aus den FE-Berechnungen der relevanten Lastfälle ermittelt. Vor der Schädigungsrechnung wird der Kollektivhöchstwert über die Mittelspannungsempfindlichkeit auf ein Spannungsverhältnis R = -1 transformiert. Die Gesamtschädigung eines Punktes ergibt sich aus der Addition aller Teilschädigungen. Als versagenrelevante Beanspruchungsgröße wird die Von Mises Spannung mit dem Vorzeichen der größten Hauptnormalspannung verwendet. Für die untersuchten Punkte wird jeweils die erforderliche Dauerfestigkeit angegeben, für den sich eine Schadenssumme D = 0,5 ergibt.

Abbildung 2: Lebensdauerberechnung für einen Knoten

In Detailberechnungen werden anschließend die Gummibeanspruchungen unter Berücksichtigung der Vorspannung ermittelt und die Geometrie der Gummipuffer über Parameterrechnungen optimiert. Hier ist das sternseitige Blech fest gelagert; auf das andere Blech werden im Bereich der Berührungsfläche der Hülse Verschiebungen aufgebracht, die sowohl dem Aufbringen der Vorspannung als auch den in den Globalberechnungen ermittelten Verformungen im Betrieb entsprechen.

Abbildung 3: Verformungen der Gummipuffer beim Lastfall Kurvenfahrt während der Radumdrehung

Auf der Basis rechnerischen Vordimensionierung wird ein Prototyp des Speichenrades angefertigt mit dem im Versuchsstand Nachweisversuche gefahren werden.